Medien im Info-Krieg

Das Beispiel Alexej Nawalny

von Robert Seidel

(15.3.2021) Die Causa Nawalny kann nicht losgelöst von den sich steigernden Kriegsvorbereitungen der Nato gegen Russland verstanden werden.

Der Name Alexej Nawalny steht in vielen westlichen Medien für eine Ikone des Widerstands gegen eine autoritäre russische Regierung. Die professionelle Medienkampagne um seine Person steht aber auch für eine systematisch und langfristig geführte PR-Kampagne, die man inzwischen als das bezeichnen kann, was sie ist: Eine Form geistiger Mobilmachung gegen einen vermeintlichen Kriegsgegner.1 Recherchiert man nur ein wenig zur Person Nawalny, dann ist der Lack schnell ab: Eine bunt schillernde Persönlichkeit, mit zweifelhaften politischen Kontakten, die wie ein Vogel zwischen Deutschland und Russland hin- und her flattern kann.2 So verwunderte die Nachricht anfangs Februar kaum, dass ein Filmbeitrag von ihm nicht in Russland gedreht wurde, sondern unter Anleitung westlicher «Spezialisten» im deutschen Schwarzwald.3 Transatlantisch eingebundene «Leitmedien»4 wie Die Zeit, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemein Zeitung oder Neue Zürcher Zeitung hatten wenig Probleme mit den offensichtlichen Widersprüchen.

Vorgefertigte Berichte, Fotos und Meldungen

Eingespeiste Berichte, vorgefertigte Interviews oder professionelle Fotoreihen wurden geradezu synchron von bekannten Medienhäusern kolportiert. Es erstaunt, mit welcher Regelmässigkeit und an welch prominente Stellen diese Kolportagen auftauchen. Im Januar intensivierte sich die Kampagne. Das Thema Nawalny fand ständig auf den vorderen Seiten Platz. Einige Pressehäuser verstärkten die Kampagne zusätzlich, indem sie sie mit redaktionellen Beiträgen unterstützten.

Kriegsvorbereitungen

Der Aufmarsch der Nato gegen die russischen Landesgrenzen seit 2008 – leicht verzögert 2016 bis 2020 – wird nun mit verstärkter Energie fortgesetzt. Die Brücken und Strassen der europäischen Staaten wurden für Truppentransporte angepasst.5 Rechtliche Einschränkungen wurden beseitigt. Die Manöver werden umfangreicher und rücken zunehmend näher an die russische Grenze.6 Demnächst wird die US-amerikanische Atombewaffnung in Italien und Deutschland modernisiert.7 Die Abrüstungsverhandlungen wurden von den USA ausgebremst und nun pro forma weitergeführt. Auch die neue US-Administration setzt sich vorwiegend aus Falken zusammen. Der Name Victoria Nuland steht stellvertretend für den konfrontativen Kurs gegen Russland. Die Europäische Union weicht kaum von dieser US-amerikanischen Linie ab.

Europa als Schlachtfeld

Auf welchen Territorien das zukünftige Schlachtfeld liegen würde, ist leicht auszumachen –, mit Sicherheit nicht auf nordamerikanischem Territorium. Höhere deutsche Offiziere stellen sich darauf ein, dass Deutschland als Truppen- und Materialhub «Ziel feindlicher Aktivitäten» werden könnte und bereiten sich entsprechend darauf vor.8

PR-Kampagne gegen Russland

So kann die Causa Nawalny ohne weiteres als Teil einer systematischen und langandauernden PR-Kampagne zur Kriegsvorbereitung gegen Russland gezählt werden. Negative Gefühle und Assoziationen gegenüber Russland und der russischen Regierung werden geweckt, gepflegt und wenn nötig gesteigert. So wundert man sich auch nicht über den massiven journalistischen Aufwand bei der Nawalny-Story.

Negative Konnotation verbreiten

An der Berichterstattung über Russland erkennen Medienbeobachter eine andauernde negative Konnotation und das selbst in Beiträgen, die an und für sich positiv sein könnten. – Wer sein Handwerk «versteht», weiss wie man Gefühle und Assoziationen weckt, um zu gefallen (zum Beispiel Claas Relotius im Spiegel).9

Fotos gehören zur PR-Arbeit

Auch die Auswahl von Fotos geben einen Einblick in die Arbeit des publizistischen Teils des transatlantischen Bündnisses: Fotos können so oder so ausfallen. Doch welches für eine Veröffentlichung ausgewählt und wie es bearbeitet wird, ist kein Zufall. Betrachten Sie ausgiebig die Fotos zu Nawalny in den vergangenen Ausgaben eines «Leitmediums». Das sind keine zufällig gemachten Fotos – das ist professionelles Fotoshooting.

Wird dagegen einmal ein «normales» Bild aus Russland veröffentlicht, dann können Sie sicher sein, dass der Text dazu negativ ausfällt oder umgekehrt, wenn der Text positiv ausfällt, wird ein negatives Bild dazu ausgewählt.

Feindbild Russland

Tag für Tag kommen negativ konnotierte Nachrichten über Russland hinzu. Egal aus welchem Bereich. Ein Bild soll sich in das Unbewusste eingraben. Denken muss man aber auch an die vielen positiven Nachrichten, die nicht berichtet werden. Das ist das Geschäft der Medien als Teil einer mentalen Kriegsvorbereitung: Treffender sagt man, «ein Feindbild wird aufgebaut». Leider geben sich viele dazu her, dieses negative Russlandbild zu befördern.10 Dieses Feindbild kann je nach Bedarf hochgekocht oder auf niedriger Flamme belassen werden. Je nach politischer Vorgabe. Wenn Emotionen aufgekocht werden, können politische Entscheidungen umgesetzt werden, die sonst völlig undenkbar wären.

Teile des Journalismus versagen

Dass grosse Teile des Journalismus sich politischen Vorgaben in diesem starken Ausmass anpassen, liegt nicht nur an dem enorm gestiegenen Vermarktungsdruck, den schlechten Arbeitsbedingungen, sondern auch am Verfall moralischer Massstäbe. Nicht mehr die Suche nach Tatsachen steht im Vordergrund, sondern die Erzeugung von Meinungsbilder im Sinne eines «anything goes», die am Ende dazu taugen bestimmte Handlung irgendwie zu rechtfertigten. Ob es beim Einzelnen ein übersteigertes Geltungsstreben (siehe C. Relotius), Existenzsorgen oder finanzielle Anreize sind, sei dahingestellt.

Lügen durch Wettbewerb aufdecken

Eine Chance auf Besserung besteht in jüngster Zeit durch einen verstärkten Wettbewerb durch eine Vielzahl junger, engagierter und unabhängiger Online-Portale. Viele decken schonungslos die grossen und kleinen Lügen und die dahinterstehenden Absichten auf. So scheint es kein Zufall zu sein, dass mit Vorwurf «gegen journalistische Regeln» zu verstossen, die Existenzen kleiner Online-Portale bedroht wird und gleichzeitig Denkschablonen vorgegeben werden – ein krasser Verstoss gegen elementare Menschenrechte.11

1 vgl. zu PR-Kampagnen zum Beispiel: Becker, Jörg/ Beham, Mira. Operation Balkan. Werbung für Krieg und Tod. 2006 oder Andreas Elter. Die Kriegsverkäufer. 2005. Zu PR allgemein der Klassiker von Edward L. Bernays. Propaganda. (Ersterscheinung 1928, im Buchhandel erhältlich).

2 https://www.infosperber.ch/medien/medienkritik/journalistische-recherchen-sind-zeitlich-aufwendig/ vom 21.2.2021

3 https://www.nachdenkseiten.de/?p=69226 vom 27.1.2021
https://www.heise.de/tp/features/Nawalny-unter-hohem-Polizeischutz-in-Luxusresidenz-im-Schwarzwald-4929027.html vom 15.10.2020
https://www.anti-spiegel.ru/2021/neue-details-von-navalnys-film-ueber-putins-palast-zeigen-er-ist-made-in-usa/ vom 31.1.2021

4 vgl. Krüger, Uwe. Mainstream. Warum wir den Medien nicht mehr trauen. 2016.
Ders. Meinungsmacht. 2013

5 vgl. über Deutschland im Zusammenhang mit dem Nato-Aufmarsch: https://www.luftpost-kl.de/

6 https://www.faz.net/aktuell/politik/infrastruktur-ist-die-achillesferse-der-nato-15292734.html vom 17.11.2017
https://www.n-tv.de/politik/Die-riskante-Roadshow-der-US-Armee-rollt-article19489381.html vom 6.1.2017

7 https://www.voltairenet.org/article211839.html vom 11.12.2020

8 vgl. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8518/ vom 9.2.2021

9 vgl. https://taz.de/Relotius-Skandal-beim-Spiegel/!5595360/ vom 28.5.2019

10 vgl. Hofbauer, Hannes. Feindbild Russland. 2016

11 vgl. https://multipolar-magazin.de/artikel/neue-zensurbehorde vom 22.2.2021

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