Peking ergreift die Initiative im Ukraine-Konflikt

Ralph Bosshard. (Photo
nachdenkseiten.de)

von Ralph Bosshard,* Schweiz

(14. März 2023) Pünktlich zum Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine lancierte das chinesische Aussenministerium seine Initiative zu einer politischen Lösung des Konflikts.1 [Siehe die 12 Punkte in deutscher Übersetzung im Anhang, Red.]

Peking hat mit seinem geschickt formulierten und lancierten Friedensvorschlag seinen Anspruch auf Mitsprache in wichtigen Fragen der Weltpolitik angemeldet und fördert weiter seine Vision von einer multipolaren Welt, in welcher auch Russland seinen eigenen Platz finden müsse. Fern davon, sich von seinem russischen Partner zu einem ungünstigen Zeitpunkt in einen Konflikt hineinziehen zu lassen, ist China aber auch nicht bereit, diesen fallenzulassen.

In den ersten beiden Absätzen erstellt Peking eine Auslegeordnung des Konflikts, indem es auf die im Widerspruch stehenden Normen hinweist, die von den Konfliktparteien angerufen werden. Die Ukraine beklagt seit Jahren die Verletzung ihrer territorialen Integrität durch die Annexion der Krim und der vier Oblaste Donetsk, Lugansk, Zaporozhie und Cherson durch die Russische Föderation. Wenn die Volksrepublik China aber von territorialer Integrität spricht, dann hat sie in der Regel ihre eigene im Blick, das heisst ihren Anspruch auf die Insel Taiwan und auf Territorialgewässer im Ost- und im Südchinesischen Meer.

Um den Eindruck zu vermeiden, China lasse sich vom Westen vereinnahmen, verpackte das chinesische Aussenministerium in den ersten Absatz auch den Hinweis auf die souveräne Gleichheit der Staaten sowie seine Kritik an den Doppelstandards. Eine Verletzung des ersteren Prinzips wird namentlich von jenen Staaten kritisiert, die in der westlichen Unterstützung von sogenannten «farbigen Revolutionen» eine Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten erblicken. Der Vorwurf der Anwendung von Doppelstandards ist ein traditioneller Vorwurf Russlands und auch Chinas an den kollektiven Westen. Dieser erlaube sich selbst Dinge, die er bei seinen Kontrahenten nie und nimmer akzeptieren würde, frei nach der Devise Quod licet Iovi, non licet bovi.2 Das ist natürlich ein Frontalangriff auf jene Kreise im Westen, namentlich in den USA, die sich selbst eine Führungsrolle in der Weltpolitik zubilligen und einen Vorrang der demokratischen Staaten gegenüber allen anderen reklamieren.3

Auf der anderen Seite geht China auch auf die Klagen Russlands ein, das sich seit vielen Jahren über die Verletzung des Prinzips der Unteilbarkeit von Sicherheit beklagt. Dieses Prinzip sieht Moskau durch die verschiedenen Schritte der NATO-Osterweiterung verletzt, die dazu geführt hätten, dass die ehemaligen Mitgliedsländer der Warschauer Vertragsorganisation und neuen Mitglieder der NATO ihre Sicherheit auf Kosten Russlands gewährleisten würden.

Realitätssinn Pekings

Im chinesischen Aussenministerium versteht man offenbar, dass die Ursachen des aktuellen Kriegs in der Ukraine zu komplex sind, als dass sie sich rasch durch ein Friedensabkommen lösen liessen. Durch den jahrelangen Krieg entstanden in den vergangenen neun Jahren zudem weitere Probleme. Die Forderung nach einem umfassenden Waffenstillstandsabkommen ist im Vergleich dazu erheblich realistischer.

Natürlich wurde sofort der Vorwurf laut, Russland würde einen Waffenstillstand nur ausnutzen, um seine militärische Position zu verbessern. Die Ukrainer und ihre europäischen Verbündeten kennen sich in solchen Vorgehensweisen aber auch aus: Zumindest sind Vorwürfe, Frankreich, Deutschland und die Ukraine hätten die Minsker Abkommen nur geschlossen, um Zeit für die Vorbereitung einer militärischen Lösung des Konflikts zu gewinnen, bislang nicht überzeugend ausgeräumt.4

Auch in Peking wird man um die Problematik der Minsker Abkommen von 2014 und 2015 wissen, die reine Waffenstillstandsbestimmungen mit politischen Bestimmungen vermischten.

Auf der anderen Seite ist zu erwarten, dass ein stabiler Waffenstillstand an einer wie immer gearteten Waffenstillstandslinie zur Zementierung des de facto-Zustands führen wird, an welchem namentlich die Ukraine kein Interesse haben kann. Die Forderung nach der Wiederaufnahme politischer Gespräche im Absatz 4 des chinesischen Vorschlags bekräftigt den Realitätssinn Pekings.

Keine Rolle für den Westen

Den von Peking geforderten direkten Dialog zwischen der Ukraine und Russland lehnte bislang vor allem die Ukraine ab. Mit der entsprechenden Forderung im Punkt 3 des chinesischen Vorschlags macht Peking auch gleich klar, wem es im Friedensprozess keine Rolle zubilligt, nämlich dem kollektiven Westen. Das hat der ukrainische Präsident Zelensky offenbar rasch verstanden und er erklärte sofort seine Bereitschaft zu Gesprächen mit dem starken Mann Chinas, Präsident Xi Jinping.5

Ein durch den langjährigen Krieg neu hinzugekommenes Problem ist das humanitäre. Selbstverständlich werden die Ukraine und ihre europäischen Verbündeten diesen Punkt des chinesischen Friedensplans zu nutzen versuchen, um Russland an den Pranger zu stellen, aber es ist nicht zu erwarten, dass sich China hier instrumentalisieren lassen wird. In Peking wird man sich dessen bewusst sein, dass auch Russland diesen Punkt nutzen wird, um seine Vorwürfe an die Adresse der Ukraine auf den Tisch zu bringen.

Indem China im Absatz 8 seines Vorschlags seine Ablehnung der Drohung mit Kernwaffeneinsatz mit seiner Opposition gegen die Entwicklung von biologischen und chemischen Waffen verbindet, zeigt es, dass es sich auch hier nicht von einer der Seiten einseitig vereinnahmen lassen wird.

Offene Wege für alle

Der Hinweis auf die Black Sea Grain Initiative zur Aufrechterhaltung der Getreidelieferungen aus der Ukraine deutet wohl darauf hin, dass Peking sich mit Ankara absprach, bevor es seinen Friedensplan initiierte. Die chinesische Führung nutzt diesen Punkt wohl auch, um bei den Staaten Afrikas und Asiens zu punkten.

Die Ablehnung unilateraler Sanktionen im Absatz 10 ist als ganz klare Kritik am kollektiven Westen zu interpretieren und stellt gleichzeitig eine bittere Pille für die Ukraine dar, die mangels anderer Handlungsoptionen am liebsten auf lange Frist möglichst scharfe Sanktionen gegen Russland aufrechterhalten möchte.6 Die Ukraine hat aber weder derzeit noch in absehbarer Zukunft das politische und wirtschaftliche Gewicht, um andere Staaten hierzu zu motivieren, geschweige denn, sie dazu zu zwingen.

In Kiew wird man realistischerweise damit rechnen müssen, dass die wirtschaftlichen Interessen vieler Staaten irgendwann dazu führen werden, dass sie die Wirtschaftssanktionen gegen Russland nur noch formell aufrechterhalten, in Tat und Wahrheit aber inhaltlich aushöhlen.

Zum Schluss fördert Peking noch seine eigenen wirtschaftlichen Interessen, namentlich seine Belt-and-Road-Initiative, im vollen Bewusstsein, dass es damit auch russische Interessen bedient, denn Russland misst seinem internationalen Nord-Süd-Transportkorridor eine hohe Bedeutung bei und hat kein Interesse an Blockaden irgendwelcher Art.

Pekings Entschlossenheit

Die reflexartig geäusserte Ablehnung des chinesischen, angeblich fragwürdigen Friedensplans wird wohl rasch einer realistischeren Beurteilung Platz machen müssen.7 US-Aussenminister Blinken bereitet sich offenbar schon auf eine Ochsentour vor, die ihn in mehrere Staaten Asiens führen wird, wo er um Unterstützung zugunsten eigener Pläne buhlen muss.8 Man wird den Amerikanern und Europäern wohl den Preis für eine politische Unterstützung machen.9 Als reiche Onkel mit dem gut gefüllten Checkbuch werden die Aussenpolitiker aus dem Westen nicht mehr auftreten können: Diese Zeiten sind vorbei. Nun treten sie in der Rolle des lästigen Bittstellers auf.

Andererseits ist Peking offenbar auch bereit, militärisch Druck aufzusetzen, um seinem Friedensplan zum Durchbruch zu verhelfen, wie die diversen Spekulationen um die Lieferung von Drohnen und Munition an Russland zeigen.10 Fragwürdig oder nicht: Peking wird seinem Friedensplan, der seinen Interessen dient, zum Erfolg verhelfen und ukrainische Befindlichkeiten werden es hierbei nicht aufhalten.

Man wird in Kiew, Brüssel und Washington wohl nicht darum herumkommen, die chinesischen Vorschläge gründlich zu prüfen, zumal sie bereits die Unterstützung wichtiger Akteure der Weltpolitik fanden und möglicherweise mit einem weiteren wichtigen Akteur, der Türkei, abgesprochen sind. Der Westen, der bislang glaubte, durch Waffenlieferungen an die Ukraine einen Treiber der Entwicklung darzustellen, wird durch die chinesische Initiative zu einem Akteur unter mehreren, denn Peking will offenbar nicht zulassen, dass seine Vorschläge so einfach vom Tisch gewischt werden. Mit dem chinesischen Friedensvorschlag ist nun auch eine Tür offen für die Wahrung des Gesichts bei einem Kurswechsel in der westlichen Politik in Richtung Aufnahme von Gesprächen mit dem ungeliebten Wladimir Putin im Moskauer Kreml.

* Ralph Bosshard, Oberstleutnant iG., war Berufsoffizier der Schweizer Armee, u.a. Ausbilder an der Generalstabsschule und Chef der Operationsplanung im Führungsstab der Armee. Nach der Ausbildung an der Generalstabs-Akademie der russischen Armee in Moskau diente er als militärischer Sonderberater des Ständigen Vertreters der Schweiz bei der OSZE, als Senior Planning Officer in der Special Monitoring Mission to Ukraine und als Operationsoffizier in der Hochrangigen Planungsgruppe der OSZE. Zivilberuflich ist Ralph Bosshard Historiker (Magister, Universität Zürich).

Quelle: https://globalbridge.ch/peking-ergreift-die-initiative-im-ukraine-konflikt, 27. Februar 2023

1 Siehe «China’s Position on the Political Settlement of the Ukraine Crisis», 24.02.2023, auf der Homepage des chinesischen Aussenministeriums, online unter https://www.fmprc.gov.cn/eng/zxxx_662805/202302/t20230224_11030713.html?spm=C98846262907.PT3RXyzGyJv6.0.0 (in engl. Sprache).
Ein Kommentar dazu: «China calls for resuming peace talks to resolve Ukraine crisis», in The New Times, 25.02.2023, online unter https://www.newtimes.co.rw/article/5333/news/international/china-calls-for-resuming-peace-talks-to-resolve-ukraine-crisis.

2 Übersetzt «was Jupiter darf, ist einem Ochsen nicht erlaubt». Siehe Deutscher Wortschatz, https://www.dwds.de/wb/quod%20licet%20Jovi%2C%20non%20licet%20bovi.

3 Eine «Liga der Demokratien» wurde erstmals von den US-amerikanischen Journalisten Ivo Daalder und James Lindsay in der Washington Post vorgeschlagen. Siehe: Democracies of the World, Unite, in: The American Interest Online, Januar-Februar 2007, online unter https://web.archive.org/web/20110521230314/, http://www.the-american-interest.com/article.cfm?piece=220. Der Demokratiegipfel der Administration Biden ist in dieser Tradition zu verstehen. Siehe «The Summit for Democracy» auf der Homepage des United States Department of State, online unter https://www.state.gov/summit-for-democracy/. Zur Kritik daran The Heritage Foundation: The Summit for Democracy—American Leadership or Photo Op?, online unter https://www.heritage.org/global-politics/event/the-summit-democracy-american-leadership-or-photo-op.

4 Vgl. Ralph Bosshard: Ein schlechter Friede ist besser als ein guter Krieg, bei Global Bridge, 21.12.2022, online unter https://globalbridge.ch/ein-schlechter-friede-ist-besser-als-ein-guter-krieg/.

5 Siehe Peony Hirwani: Zelensky wants to meet Xi Jinping after Beijing’s peace plan, bei The Independent, 25.02.2023, online unter https://www.independent.co.uk/news/world/europe/zelensky-xi-jinping-beijing-peace-plan-b2289365.html. Siranush Ghazanchyan: Zelensky wants Xi Jinping meeting to discuss China’s peace plan, bei Public Radio of Armenia, 25.02.2023, online unter https://en.armradio.am/2023/02/25/zelensky-wants-xi-jinping-meeting-to-discuss-chinas-peace-plan/.

6 Siehe «Kuleba on China’s peace plan: We disagree with at least one point», bei Interfax Ukraine, Ukraine News Agency, 25.02.2023, online unter https://en.interfax.com.ua/news/general/893977.html.

7 Siehe Olha Hlushchenko: China’s peace plan beneficial only for Russia – Biden, bei Ukrainska Pravda, 23.02.2023, online unter https://www.pravda.com.ua/eng/news/2023/02/25/7390952/ und Timothy Ash: China PR Peace Plan – Pros and Cons In a Nutshell, bei Kyiv Post, 25.02.2023, online unter https://www.kyivpost.com/post/13524.

8 Siehe Matthew Lee: Anthony Blinken heads to Asia for key G20 talks as tensions mount with Russia and China, bei Independent.ie, 25.02.20232, online unter https://www.independent.ie/world-news/north-america/anthony-blinken-heads-to-asia-for-key-g20-talks-as-tensions-mount-with-russia-and-china-42358841.html.

9 Indien und Kasachstan haben schon Unterstützung für den chinesischen Plan signalisiert. Siehe «Willing to join ‹any peace process› to solve Ukraine war: PM Modi», bei The Hindu, 25.02.2023, online unter https://www.thehindu.com/news/national/willing-to-join-any-peace-process-to-solve-ukraine-war-pm-modi/article66552455.ece und «Kazakhstan supports China’s peace plan for Ukraine crisis», bei AKIpress, 25.02.2023, online unter https://akipress.com/news:695791:Kazakhstan_supports_China_s_peace_plan_for_Ukraine_crisis/.

10 Siehe Natasha Bertrand, Zachary Cohen: Intelligence suggests China is considering sending drones and ammunition to Russia, sources familiar say, bei CNN Politics, 24.02.2023, online unter https://edition.cnn.com/2023/02/24/politics/us-intelligence-china-drones-russia-ukraine/index.html#:~:text=CNN%20Store-,Intelligence%20suggests%20China%20is%20considering%20sending%20drones,to%20Russia%2C%20sources%20familiar%20say&text=The%20US%20has%20intelligence%20that,with%20the%20intelligence%20told%20CNN und «Chinese company discusses selling drones to Russia, Der Spiegel reports», bei Reuters, 24. Februar 2023, online unter https://www.reuters.com/business/aerospace-defense/chinese-company-discusses-sending-russia-drones-der-spiegel-2023-02-23

Anhang

Chinas Position zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise

Das chinesische Aussenministerium hat eine Stellungnahme zur politischen Lösung der Ukraine-Krise veröffentlicht. China ruft in dem Dokument zur Beendigung der Kämpfe auf, kritisiert einseitige Sanktionen und warnt vor strategischen Risiken des Krieges.

Der chinesische Plan zur Beilegung des Ukraine-Krieges, dessen Veröffentlichung früher mehrfach angekündigt wurde, erschien am 24. Februar 2023 auf der Website des chinesischen Aussenministeriums unter der Überschrift «Position Chinas zur politischen Lösung der Ukraine-Krise». Das Dokument umfasst zwölf Punkte. (Red.)

1. Respektierung der Souveränität aller Länder

Das allgemein anerkannte Völkerrecht, einschliesslich der Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, muss strikt eingehalten werden. Die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit aller Länder muss wirksam gewahrt werden. Alle Länder, ob gross oder klein, stark oder schwach, reich oder arm, sind gleichberechtigte Mitglieder der internationalen Gemeinschaft. Alle Parteien sollten gemeinsam die grundlegenden Normen für die internationalen Beziehungen aufrechterhalten und für internationale Fairness und Gerechtigkeit eintreten. Die gleichmässige und einheitliche Anwendung des Völkerrechts ist zu fördern, während doppelte Standards abgelehnt werden müssen.

2. Abkehr von der Mentalität des Kalten Krieges

Die Sicherheit eines Landes sollte nicht auf Kosten anderer Länder angestrebt werden. Die Sicherheit einer Region sollte nicht durch die Stärkung oder Ausweitung von Militärblöcken erreicht werden. Die legitimen Sicherheitsinteressen und -belange aller Länder müssen ernst genommen und angemessen berücksichtigt werden. Es gibt keine einfache Lösung für ein komplexes Problem. Alle Parteien sollten gemäss der Vision einer gemeinsamen, umfassenden, kooperativen und nachhaltigen Sicherheit und mit Blick auf den langfristigen Frieden und die Stabilität in der Welt dazu beitragen, eine ausgewogene, effektive und nachhaltige europäische Sicherheitsarchitektur zu schaffen. Alle Parteien sollten sich dem Streben nach eigener Sicherheit auf Kosten der Sicherheit anderer widersetzen, eine Blockkonfrontation verhindern und sich gemeinsam für Frieden und Stabilität auf dem eurasischen Kontinent einsetzen.

3. Beendigung der Feindseligkeiten

Konflikte und Kriege sind für niemanden von Vorteil. Alle Parteien müssen rational bleiben und Zurückhaltung üben, es vermeiden, die Flammen zu schüren und die Spannungen zu verschärfen, und verhindern, dass sich die Krise weiter verschlechtert oder gar ausser Kontrolle gerät. Alle Parteien sollten Russland und die Ukraine dabei unterstützen, in die gleiche Richtung zu arbeiten und den direkten Dialog so schnell wie möglich wieder aufzunehmen, um die Situation schrittweise zu deeskalieren und schliesslich einen umfassenden Waffenstillstand zu erreichen.

4. Wiederaufnahme der Friedensgespräche

Dialog und Verhandlungen sind die einzige praktikable Lösung für die Ukraine-Krise. Alle Bemühungen, die zu einer friedlichen Beilegung der Krise beitragen, müssen gefördert und unterstützt werden. Die internationale Gemeinschaft sollte sich weiterhin für den richtigen Ansatz zur Förderung von Friedensgesprächen einsetzen, den Konfliktparteien dabei helfen, so bald wie möglich die Tür zu einer politischen Lösung zu öffnen, und Bedingungen und Plattformen für die Wiederaufnahme von Verhandlungen schaffen. China wird in dieser Hinsicht weiterhin eine konstruktive Rolle spielen.

5. Beilegung der humanitären Krise

Alle Massnahmen, die dazu beitragen, die humanitäre Krise zu lindern, müssen gefördert und unterstützt werden. Humanitäre Massnahmen sollten den Prinzipien der Neutralität und Unparteilichkeit folgen, und humanitäre Fragen sollten nicht politisiert werden. Die Sicherheit der Zivilbevölkerung muss wirksam geschützt werden, und es sollten humanitäre Korridore für die Evakuierung der Zivilbevölkerung aus den Konfliktgebieten eingerichtet werden. Es müssen Anstrengungen unternommen werden, um die humanitäre Hilfe in den betroffenen Gebieten zu verstärken, die humanitären Bedingungen zu verbessern und einen schnellen, sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe zu gewährleisten, um eine humanitäre Krise grösseren Ausmasses zu verhindern. Die Vereinten Nationen sollten bei der Koordinierung der humanitären Hilfe für die Konfliktgebiete unterstützt werden.

6. Schutz von Zivilisten und Kriegsgefangenen (POWs)

Die Konfliktparteien sollten sich strikt an das humanitäre Völkerrecht halten, Angriffe auf Zivilisten oder zivile Einrichtungen vermeiden, Frauen, Kinder und andere Opfer des Konflikts schützen und die Grundrechte der Kriegsgefangenen achten. China unterstützt den Austausch von Kriegsgefangenen zwischen Russland und der Ukraine und fordert alle Parteien auf, günstigere Bedingungen für diesen Zweck zu schaffen.

7. Sicherheit von Kernkraftwerken

China lehnt bewaffnete Angriffe auf Kernkraftwerke oder andere friedliche kerntechnische Anlagen ab und fordert alle Parteien auf, das Völkerrecht, einschliesslich des Übereinkommens über nukleare Sicherheit, einzuhalten und von Menschen verursachte nukleare Unfälle entschlossen zu vermeiden. China unterstützt die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) dabei, eine konstruktive Rolle bei der Förderung der Sicherheit friedlicher Nuklearanlagen zu spielen.

8. Verringerung der strategischen Risiken

Atomwaffen dürfen nicht eingesetzt und Atomkriege dürfen nicht geführt werden. Die Androhung oder der Einsatz von Atomwaffen sollte abgelehnt werden. Die Weiterverbreitung von Kernwaffen muss verhindert und eine nukleare Krise vermieden werden. China lehnt die Erforschung, Entwicklung und den Einsatz von chemischen und biologischen Waffen durch jedes Land unter allen Umständen ab.

9. Erleichterung der Getreideexporte

Alle Parteien müssen die von Russland, der Türkei, der Ukraine und den Vereinten Nationen unterzeichnete Schwarzmeer-Getreide-Initiative in ausgewogener Weise vollständig und wirksam umsetzen und die Vereinten Nationen dabei unterstützen, eine wichtige Rolle in dieser Hinsicht zu spielen. Die von China vorgeschlagene Kooperationsinitiative zur globalen Ernährungssicherheit bietet eine praktikable Lösung für die globale Nahrungsmittelkrise.

10. Beendigung einseitiger Sanktionen

Einseitige Sanktionen und maximaler Druck können das Problem nicht lösen; sie schaffen nur neue Probleme. China lehnt einseitige, vom UN-Sicherheitsrat nicht genehmigte Sanktionen ab. Die betroffenen Länder sollten aufhören, einseitige Sanktionen und die «Langwaffengerichtsbarkeit» gegen andere Länder zu missbrauchen, um ihren Teil zur Deeskalation der Ukraine-Krise beizutragen und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Entwicklungsländer ihre Wirtschaft ausbauen und die Lebensbedingungen ihrer Bevölkerung verbessern können.

11. Aufrechterhaltung der Industrie- und Lieferketten

Alle Parteien sollten sich ernsthaft für den Erhalt des bestehenden Weltwirtschaftssystems einsetzen und sich dagegen wehren, die Weltwirtschaft als Werkzeug oder Waffe für politische Zwecke zu benutzen. Es bedarf gemeinsamer Anstrengungen, um die Auswirkungen der Krise abzumildern und zu verhindern, dass sie die internationale Zusammenarbeit in den Bereichen Energie, Finanzen, Lebensmittelhandel und Verkehr stört und den weltweiten Wirtschaftsaufschwung untergräbt.

12. Förderung des Wiederaufbaus nach Konflikten

Die internationale Gemeinschaft muss Massnahmen ergreifen, um den Wiederaufbau nach Konflikten in Konfliktgebieten zu unterstützen. China ist bereit, dabei Hilfe zu leisten und eine konstruktive Rolle zu spielen.

Quelle: https://www.fmprc.gov.cn/eng/zxxx_662805/202302/t20230224_11030713.html, 24. Februar 2023

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